Sabrina Kast ist Ayurveda-Therapeutin und Masseurin. Mit Mitte 20 hat ihr Ayurveda viele Anhaltspunkte für ein besseres Selbstverständnis und mehr Selbstakzeptanz gegeben. Zusätzlich befindet sich Sabrina im Moment in der Ausbildung zur Heilpraktikerin und einer Weiterbildung zum Ernährungscoach und war eine unserer wundervollen Frauen zu unserem “Oxymel Zyklus Shooting'' diesen Sommer in Berlin. Wir haben uns mit ihr über die Themen Weiblichkeit und Zyklus unterhalten und ihr auch ein paar pikante Fragen gestellt, über die in unserer Gesellschaft leider immer noch viel zu sehr aus Scham geschwiegen wird. Wir finden: Schluss damit, denn es ist der natürlichste Kreislauf, von der Natur geschaffen und wir dürfen dankbarer und wertschätzender damit umgehen.
Selbstbestimmt leben, du hast sicher auch schön öfter davon gehört. Doch, wie lebt man selbstbestimmt? Wie lebst du selbstbestimmt?
Selbstbestimmung bedeutet, dass ich selbst über meine Entscheidungen und Bedürfnisse bestimmen darf/kann. Ein selbstbestimmtes Leben ist meiner Meinung nach erst möglich, wenn man sich von bestimmten Erwartungen/ NORMEN emanzipiert. Seien es Erwartungen von der Familie, FreundInnen, der PartnerIn, der ArbeitgeberIn, aber auch Erwartungen an sich selbst. Oft sind uns unsere eigenen Bedürfnisse weniger klar und wir stellen diese dann hinter die Bedürfnisse Anderer. Deswegen ist auch das ein wichtiger Lernprozess, sich über die eigenen Wünsche, die eigene Befindlichkeit bewusst zu werden und damit auch Grenzen zu definieren, für die man gegenüber anderen einsteht.
Ich selbst lebe durch meine Selbstständigkeit ziemlich selbstbestimmt, ich entscheide über meine Kapazitäten, meine Termine, meine Projekte, meine nebenberuflichen Tätigkeiten und meine Freizeit. Ich kann z.B. immer wieder in Rücksprache mit meinem Körper entscheiden, wie viele Behandlungen physisch und psychisch für mich machbar sind und wann ich neuen Input benötige, um mich professionell weiterzuentwickeln. Ich bestimme selbst, wer ich sein möchte und an welchen Werten und Zielen ich mich orientieren möchte, denn erst dann fühlt es sich authentisch und wahrhaftig nach mir SELBST an.
Und ist es für dich mit Selbstliebe verbunden?
Das Thema der Selbstliebe wird vielen von uns erst bewusst, sobald wir Fehler machen, Kritik erhalten und uns mit Anderen vergleichen. Selbstliebe ist von der Zuwendung von Außen abhängig, wir entwickeln uns selbst erst zu liebenden Menschen, wenn wir Liebe von unseren Eltern erfahren haben. Dennoch sollten wir uns nicht zu sehr von Bewertungen von Außen beeinflussen lassen, sondern unsere ANDERSARTIGKEIT akzeptieren und als einen Teil von uns anerkennen. In diesem Sinn würde ich sagen, dass sich Selbstliebe und Selbstbestimmung gegenseitig beeinflussen, da sie aus mir selbst heraus entstehen.
Selbstliebe ist auch über unsere weiblichen Zyklus zu sprechen -
Fällt es dir schwer den Begriff Periode zu benutzen oder verwendest du Synonyme?
Ich spreche mittlerweile immer bewusster mit meinen FreundInnen über den weiblichen Zyklus. Dabei ist es spannend zu reflektieren, in welcher Phase unserer Menstruation wir uns momentan befinden. Wir sprechen dann von unseren „Tagen“, unserer „Blutung“, dem „Eisprung“, von „PMS-Symptomen“ aber auch von „Zervixschleim“ und der „Färbung unseres Blutes“ und wie wir unsere Sexualität im Laufe unseres Zyklus wahrnehmen. Uns ist dabei auch schon aufgefallen, dass sich die Menstruation bei engen Freundinnen oder Mitbewohnerinnen synchronisiert.
Wenn dich jmd. um einen Tampon oder Binde bitte, gehst damit um als wäre es Schmuggelware oder kannst du es wie ein Taschentuch weitergeben?
Kontextabhängig, habe ich zB mit meinen Freundinnen, von denen ich weiß, dass sie mit ihrer Menstruation offen umgehen kein Schamempfinden. Bei Unbekannten, die mich im leisen Flüsterton nach Tampons oder Binden fragen, bin ich diskret. Auf dem Damenklo ist es dann schon wieder ein ein offener Umgang. Ich denke unser Verhalten passt sich noch an die Situation an und ob sich männlich gelesene Menschen in der Umgebung befinden oder nicht.
Sex während der Periode - Ja oder Nein?
Jain - Ich denke, dass Lust erst in einem bestimmten emotionalen Zustand entstehen kann und der ist von Periode zu Periode unterschiedlich. Die Blutung allein sollte mich allerdings nicht davon abhalten.
Setzt du dich mit den verschiedenen Phasen des Zyklus auseinander?
Während meiner Ausbildung zur Heilpraktikerin und Ayurveda Therapeutin habe ich einen anatomischen und pathologischen Einblick in den Zyklus erhalten. Ich als Frau erlebe den Zyklus natürlich auch persönlich und sehe darin eine große Kraft, von der wir gesellschaftlich als Frauen entfremdet worden sind, wie zB durch die Einnahme der Pille oder anderer Hormonpräparate. Wieder zu diesem Rhythmus zurückzukehren und die körpereigenen Prozesse wahrzunehmen, gibt Menschen mit Uterus wieder die Kontrolle über ihr eigenes Potential.
Wie sollten wir mit dem Thema Zyklus umgehen?
Ich würde mich sehr über einen offeneren Umgang mit diesem Thema freuen. Menschen mit Uterus haben mit diesem transformativen Zyklus ein kraftvolles Tool, um sich weiterzuentwickeln und Weisheit über sich selbst zu erlangen.
Im Ayurveda werden die verschiedenen Zyklusphasen den 3 Doshas zugeordnet. Die Menstruation selbst wird Atman, der Seele oder dem authentischen Ich zugeordnet - hier findet die Entscheidung statt, was in den neuen Zyklus mitgenommen wird und was nicht. Die 7 Tage nach der Menstruation (Follikelphase) sind vom Kapha-Dosha geprägt: Die Energie und Euphorie nimmt zu, der Ballast ab. In der Woche um den Eisprung steigt das Selbstbewusstsein, das Wohlbefinden im eigenen Körper und die Sexualität - ein klarer Fall für das energetische, feurige Pitta-Dosha. Die 3. Woche (Lutealphase) wird von Vata dominiert, denn hier ziehen wir uns zurück, haben einen ausgeprägten Zugang zu unseren Emotionen und werden aufmerksam auf subtile Energien. In der Vata-Phase werden wir zugänglich für das, was uns stört und zuwider ist. Die Blutung schließlich ist ein physiologischer, aber auch emotionaler Ausscheidungsprozess: was verlässt den Körper über das Blut und was bleibt. Für wichtige Entscheidungen können wir uns deswegen auch gerne einen Monat Zeit nehmen, um sie aus allen Perspektiven zu betrachten und nochmal „darüber zu bluten“.
Sabrinas wilder Steckbrief
Dein liebstes Ritual: Breathwork > kalte Dusche > Matcha Latte
Dein Lieblingskraut: Zitronenmelisse
Dein Kraftort: Im Herbst der Wald und im Sommer das Meer
Der schönste Moment deiner Arbeit: wenn die Energie zwischen den Körpern fließt
Das tollste Geschenk, das du jemals bekommen hast: ein selbstgebautes Bett
Deine Mission: Menschen dabei begleiten, sich Selbst zu spüren und kennenzulernen
Eine Sache, für die du dankbar bist: da zu sein, wo ich jetzt bin
Eine Weisheit, die nicht in Vergessenheit geraten darf: our hearts and bodies are only given to us once